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News vom Marketing Club

Künstliche Intelligenz im Marketing und in der Kundeninteraktion.

Recap einer spannenden Veranstaltung der CMO-Community

Status, praktische Anwendung und ein Ausblick nach zwölf Monaten KI-Hype – diesen Schwerpunkten widmete sich die Veranstaltung der CMO-Community/Kuratorium des Marketing Club Rhein-Neckar e.V. am 22.02.2024. In dem einzigartigen Rahmen des Executive Briefing Centers der SAS Institute GmbH in Heidelberg durfte ich als Co-Vorsitzender des Kuratoriums durch einen spannenden Abend führen.

Fokus der Veranstaltung lag auf den Chancen, die sich für Marketingorganisationen durch generative und conversational KI bieten in der Kundeninteraktion bieten. In einem Austausch mit rund 50 Marketingverantwortlichen und Top-Referent:innen, beleuchteten wir das Thema sowohl von einer Toolebene, als auch in der praktischen Anwendung. In meinem Beitrag teile ich einige Kernaussagen dieses Abends, der sich eingehend mit dem Status quo, praxisnahen Anwendungen und einem vielversprechenden Ausblick nach einem Jahr des KI-Hypes beschäftigte.

KI im Fokus: SAS liefert Impulse.

In einem ersten Impulsvortrag lieferte Dr. Thomas Keil, Director Marketing bei SAS Deutschland, Einblicke, wie der Softwareanbieter selbst im Marketing mit KI arbeitet. Außerdem dazu, wie das führende Softwareunternehmen für Analytics-Lösungen diese natürlich auch in der eigenen Software integriert hat. Dreh- und Angelpunkt sei dabei stets der Umgang mit den eigenen Daten.

„Die Daten sehen mehr, als der Marketer bisher weiß“, so Thomas. Die Entwicklung werde immer stärker dahin gehen, diese auch nutzbar zu machen. Und gerade für große Datenmengen führe kein Weg an der Nutzung von KI vorbei. Schließlich forderte Thomas in einem motivierenden Appell dazu auf, seine Daten zu finden, diese zu demokratisieren und letztlich der KI zu vertrauen.

Kundenzentrierung und KI: ein Impulsvortrag von Prof. Wolfgang Henseler.

Prof.Wolfgang Henseler Geschäftsführer von SENSORY-MINDS GMBH - und Dozent an der Hochschule Pforzheim, begeisterte die Teilnehmenden mit seinem Impulsvortrag „AI, AI, AI – warum Kundenzentrierung ohne KI nicht funktioniert?“ Dabei betonte er zunächst die Wichtigkeit, den Unterschied zwischen Kundenorientierung, die auch ohne KI funktioniere, und Kundenzentrierung, welche genau das nicht tue, zu verstehen. Kundenzentrierung stelle den Menschen in den Mittelpunkt, so Henseler. Dabei gehe es immer darum, wie dieser seine Ziele erreichen könne. Das führe dazu, dass künftig hyperpersonalisierte Produkte eine immer größere Rolle spielen würden. Frei nach dem Motto: „Don’t make me care, just make me happy.” KI solle also dabei helfen, situativ relevanter zu werden. Wunderbar illustriert wurde dieser Ansatz anhand eines hyperpersonalisierten Newsletters, welcher zu enormen Umsatzsteigerungen führen konnte. Henselers Fazit: „Echte Kundenzentrierung ist ohne KI wirtschaftlich nicht möglich!“

Intelligente Customer Experience mit Generative AI.

Im Anschluss lieferte Sven Feurer, Senior Director Product Success & Strategy für Industries & CX Product Engineering bei SAP Einblicke aus der Praxis des Softwaregiganten. Als Fortführung der vorangegangenen Vorträge beantwortete Sven die Frage: „Wenn meine Produkte und Services bereits etabliert sind, wie schaffe ich es, die Customer Experience weiter zu verbessern?“

Die Antwort finde sich laut Sven in den Intelligent CX Lösungen von SAP. Dabei handelt es sich um eine Verknüpfung von Data-Plattform, Business AI und Generative AI. Sven beschreibt diese Lösung als „Tante Emma 2.0“. Hierbei sollen alle Daten in ein System laufen, dort analysiert werden und der/die Vertriebsmitarbeitende erhalte dann beispielsweise pro Lead maßgeschneiderte Argumentationsvorschläge. Bei alledem müsse er/sie sein System nie verlassen, denn CX, ERP, Outlook und viele weitere Anwendungen seien direkt miteinander verknüpft. SAP Kunden profitieren schon heute von diesen intelligenten Technologien in der digitalen Kundeninteraktionen, z.B. durch AI-gestützte „Hyper-Personalisierung“ im Marketing, Vertrieb oder E-Commerce mit >1,9Mrd. automatisch generierter Interaktionen pro Monat. Dies allein sei schon ein enormer Effizienz-Boost für die jeweiligen Unternehmen – und dennoch erst der Anfang, wenn man berücksichtige, dass wir bei der Entwicklung von Generative AI gerade noch am Anfang stehen.

Ein Höhepunkt des Abends war zweifellos die Expertenrunde einschließlich Podiumsdiskussion unter der Moderation von Holger Erdrich. Die hochkarätigen Teilnehmenden waren Dr. Uwe Stuhldreier (Vorstand Vertrieb und Marketing HUK24), Larissa Pohl (Präsidentin GWA – Gesamtverband Kommunikationsagenturen – und Europe Lead der Agentur WPP Open X for Coca-Cola), Carolin Edler-Mende (CEO Aristech GmbH ) sowie Prof. Wolfgang Henseler und Dr. Thomas Keil.

Carolin Edler-Mende berichtete von ihren Erfahrungen bei Aristech, einem führenden Hersteller von Voicebots und Text-to-Speech-Lösungen, dass vor allem der Nachholbedarf Deutschlands auffalle, wenn es um die bereits existierenden Möglichkeiten mit KI ginge. Besonders beim Thema Datenschutz herrsche hier noch große Skepsis. Sei ein Voicebot aber erst einmal eingeführt, sei die Begeisterung für die Lösung jedoch immer groß.

Bei einer kurzen Umfrage unter den Teilnehmenden wurde deutlich, dass sich nur die wenigsten wirklich gut im Bereich KI informiert fühlen. Lediglich die Tools ChatGPT und Midjourney werden bisher in der täglichen Arbeit genutzt.

Auf die Frage, welche Ängste Agenturen aktuell umtreibe, antwortete Larissa Pohl, dass sich das komplette Geschäftsmodell von Agenturen ganz klar ändern werde. Agenturen seien gezwungen, KI zu nutzen. Es wird erwartet, immer häufiger mit Kunden in Diskussionen zu treten, für welche kreativen Lösungen man den Menschen überhaupt noch brauche. Das beziehe sich allerdings auf Agenturen wie Marketingabteilungen gleichermaßen. Wichtig sei dabei zu sehen, dass Agenturen schon lange nicht nicht mehr nur die verlängerte Werkbank für bunte Bilder seien, sondern sich stetig weiter in Richtung Marketingberatung entwickeln würden. Und hierin liege aktuell ein enormer Bedarf.

Über den Ablauf der digitalen Prozesse bei HUK24 berichtete Uwe Stuhldreier am Beispiel Ahrtal, dass Menschen aufgrund des enormen Aufwands gar nicht in der Lage gewesen wären, so viele Schadensmeldungen aufzunehmen. Mit KI dies aber möglich geworden sei. Dennoch müsse man hier klar abwägen, in welchem Fall KI übernehmen könne und wann aufgrund der Härte des Falls menschliche Interaktion gefordert sei.

Stuhldreier erläuterte: „Bei HUK24 betrachten wir jede E-Mail als Versagen der Website. Mit dieser Strategie konnten wir bereits 600.000 E-Mails einsparen.“ Letztlich entscheidend sei aber zu verstehen, dass es nicht darum gehe, für jedes Projekt eine eigene digitale Strategie zu finden, sondern darum, eine Strategie in einer digitalen Welt zu finden. Dabei übersteige die Geschwindigkeit aktueller Entwicklungen noch die Vorstellungskraft vieler Geschäftsführer. Dennoch müsse man Entscheidungen treffen, deren Folgen noch nicht absehbar seien. Und besonders wichtig sei, dass die Strategie vom Management kommen müsse – dies könne keine KI ersetzen.

Professor Wolfgang Henseler beschrieb unseren Umgang mit KI als „Orientierungsphase“. Aufgrund der enormen Geschwindigkeit müsse er sich aktuell fragen, ob das, was er heute seinen Studenten beibringe und wofür er sie ausbilde, morgen überhaupt noch relevant sei. Wer heute noch Grafikdesign studiere, sei der Kutschenbauer von morgen, so Henseler. Diese Berufsbilder würden zwar nicht komplett aussterben, aber der Bedarf nehme heute schon enorm ab.

Zur Veranschaulichung gab Henseler einen Blick auf die deutsche Automobilindustrie. Hier könne beobachtet werden, dass in Deutschland eine starke Rückständigkeit hinter China, Japan und den USA herrsche. Dies sei damit zu erklären, dass die deutsche Automobilindustrie versuche, ein Pferd zu optimieren, statt Antworten für die Probleme der Kunden zu finden. Das Stichwort laute: Connected Life. Hier sei es essenziel zu verstehen, dass KI zwar wunderbar ableiten, aber nur schlecht bis gar nicht bewerten könne. Um einen Fachbegriff mit ins Spiel zu bringen: KI könne nicht abduktiv denken. Das heißt: Logische Schlussfolgerungen auf Basis mangelhafter Daten seien nicht möglich. Dafür brauche es den Menschen. Und Berufsbilder, die genau das erfordern, seien zukunftsfähig.

Fazit: Ein Blick in die Zukunft des Marketings.

Doch womit fängt man als Unternehmen im Bereich KI überhaupt an? Thomas Keil empfiehlt, sich zunächst seine bestehenden Daten anzuschauen und daraufhin bestehende Systeme und Prozesse nachzurüsten. Die Antwort darauf, wie Marketing in fünf bis sieben Jahren aussehen wird, kann uns Larissa Pohl zwar nicht geben, jedoch ist sie davon überzeugt, dass es auch weiterhin Wow-Kreationen geben wird. Klar ist, wir digitalisieren nicht um des Digitalisierens willen, sondern um dem Menschen das Leben zu erleichtern. Darum muss gerade die Marketingbranche lernen, den Menschen und KI richtig zusammenzubringen, um so die Probleme unserer Kund:innen effizient und zufriedenstellend zu lösen.